“Die Politik der Maker”

Eindrücke von der zehnten Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Designtheorie und -forschung.

Thema der diesjährigen Jahrestagung war "Die Politik der Maker", es sollten also Wechselwirkungen zwischen dem fröhlichen Gebastel, wie wir es auch in unserem Fablab leben, und grösseren Zusammenhängen beleuchtet werden. Eine ganze Reihe von Vorträgen (und Workshops) benannte unterschiedliche Standpunkte, Herangehens- und Sichtweisen, die von Praxisberichten aus Fablabs bis hin zu systemtheoretischen Auseinandersetzungen reichte. 

 

Wiederkehrende Fragen waren:

– wie ist das Verhältnis von Fablabs zur Gesellschaft? Sind Fablabs tendenziell politisch linke Räume, Lernumfelder, die der persönlichen Bemächtigung dienen? Oder sind es wirtschaftsdienliche Einrichtungen, die den neoliberalen Imperativ unterstützen (Gründe, also bist Du)? Wie sehen entsprechende Finanzierungsmodelle aus?

– wie ist das Verhältnis von persönlicher digitaler Fabrikation zu den Prozessen, die in der Industrie stattfinden? Werden diese in Fablabs simuliert (um später übertragen zu werden) oder handelt es sich um vollständig abgekopplete Vorgänge?

– wenn ich alles selber machen kann, muss ich das dann auch? Die "neuen" Möglichkeiten haben durch ihre rasante Entwicklung und damit einhergehender Bilderflut, sowie dem unterschwelligen Druck, sich diese kontinuierlich anzueignen auch das Potential zur Überforderung.

– Dissonanzen, Diskrepanzen, Widersprüche, Gleichzeitigkeiten: während am einen Ende der Welt jeder zwei iPads besitzt und in der Freizeit tinkert, werden an anderen Orten Gasmasken selbst hergestellt. Was heisst das? Wie gehen wir damit um?

 

Persönliches Fazit:

Die noch offene Bewegung und Kultur der vernetzten Selbermacher ist in einem Prozess der Kommodifizierung; Werte, Geräte, Software werden von grösseren Firmen aufgekauft und wiederum wirtschaftlich gewinnbringend eingesetzt. Dies führt zu erhöhter Bedienbarkeit in einigen Fällen, birgt aber auch die Gefahr, dass das, was im Fablab geschieht, zu einem Lifestyle verkommt und zu einer neuer Form von Konsum wird. Als eines der wenigen unabhängigen Fablabs haben wir hier eine besondere Chance, andere Wege zu erproben.

Im Weiteren habe ich den Eindruck, die "Politisierung" der Fab-Bewegung laufe leicht Gefahr, den Kern dessen, was wirklich im Fablab geschieht, zu verzerren. Der Umstand, dass einige Teile der Gesellschaft in einer resignierten, eher apolitischen Haltung verharren, erstaunt ob der subjektiv empfundenen Machtlosigkeit gegenüber intransparenten Verknüpfungen von Politik und Wirtschaft nicht weiter. Der Prozess der kritischen Hinterfragung und Neugestaltung dieser Misstände kann jedoch nicht ausschliesslich Aufgabe von ein paar Fabrikationsenthusiasten sein, er muss breiter angelegt werden. Das Fablab bietet hier vielfältiges Einstiegerpotential, da es mit den neugierg machenden Artefakten, den faszinierenden Prozessen und auch als soziales Umfeld zum Mitmachen verleitet – und das ist bereits ein erster Schritt zum Selberdenken.

 

Anregungen für Workshops:

– Lastenräder von n55 (könnten wir auch mit rezyklierten Komponenten machen)

– Mobiltelefone: Axel vom Fablab St. Pauli bietet das bald an (basierend auf dem MIT-Design)

 

Links:

http://www.dgtf.de/tagung2013

http://www.fablab-hamburg.org/

http://www.n55.dk/

1 Kommentar zu ““Die Politik der Maker”

  1. Roman

    sehr coole zusammenfassung und wichtig darüber mal nachzudenken.

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